Mühlengeschichten
Was machen Kinder, wenn sie in einer Mühle aufwachsen? Sie
nutzen dieses Terrain für ihre eigenen Spiele.
So auch die Kinder der Familie Wiblishauser. Richtig Spaß
machte es, auf dem Kornspeicher zu spielen. Die Schuhe aus und
schon wurde durch das Getreide gerannt. Fangen gespielt. Und
vieles mehr. Wenn das Korn sich unter den eigenen Füßen
wegbewegt, macht es besonders viel Freude. Zumindest so lange
bis der Mühlen-Hans davon Wind bekam… Denn der war alles andere
als begeistert, wenn der Kornspeicher so durcheinander gebracht
wurde.
Viele alte Gebäude bewahren tragische Geschichten. So auch die
Buxacher Mühle.
Johannes Wiblishauser wurde 1888 als ältester Sohn von Anna und
Christian Wiblishauser geboren. Er sollte die Mühle einmal
übernehmen. Doch im Januar 1912 während seiner Arbeit kam es zu
einem Unglücksfall mit dem Mühlrad. Johannes starb in dem Alter
von 23 Jahren. Sein jüngerer Bruder Christian übernahm den
Familienbetrieb.
Bis 1995 wurde die Mühle wie folgt genutzt:
Das Getreide wurde in Säcken angeliefert. Nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität und die Feuchtigkeit des Getreides wurde erfasst und im Mahlbuch niedergeschrieben. So konnten beim sogenannten Lohnmahlen die Bauern ihr angeliefertes Getreide in Form von Mehl und Kleie wiederbekommen. Die Getreidesäcke kamen dann mit dem Fahrstuhl auf den gewünschten Kornspeicher. Oder der sogenannte Elevator, wegen seines Aussehens auch Becherhebewerk genannt, wurde verwendet, um das Getreide zu transportieren. Auf jedem Stockwerk der Mühle wurde eine andere Getreidesorte eingelagert: Im ersten Gerste, im zweiten Weizen und Roggen, im dritten Hafer. Dort wartete das Korn dann darauf, gemahlen zu werden, was irgendwann im Laufe des Jahres geschah. In dieser Zeit wurde das Getreide regelmäßig kontrolliert und umgeschichtet, um zu vermeiden, dass es schimmelte oder warm wurde.
Wenn es dann ans Mahlen ging, wurden zwei Dinge unterschieden:
Um was für ein Korn es sich handelte und wofür es verwendet
werden sollte.
Um Viehfutter zu erhalten, wurde das Getreide in die Schrot-
und Brechmühle gegeben. Diese besitzt einen “echten” Mahlstein,
der sich auf einem zweiten, festmontierten Stein dreht. So
wurde das Korn gebrochen.
Für das Mehl waren drei Walzmahlstühle aus den
Amme-Luther-Werken aus Braunsteig maßgebend. Jeder von ihnen
hatte eine andere Funktion: Der mit den Glattwalzen mahlte
Dunst und Grieß, einer mit geriffelten Walzen Weizen und der
andere mit geriffelten Walzen Roggen. Indem sich die einzelnen
Walzen gegenläufig in unterschiedlicher Drehzahl bewegten,
wurde das Korn gemahlen und nicht gequetscht.
Das Mahlgut wurde dann über Eisenrohre und einer Art
Sauggebläse, dem sogenannten Exhaustor, bis ins Dachgeschoss
gesaugt, damit es dort durch den Plansichter lief. In diesem
befanden sich verschiedene Siebstapel. Damit wurde das Mahlgut
je nach Größe in Grieß, Dunst und Mehl getrennt. Sortiert fiel
es dann in verschiedenen Rohren nach unten bis zur
Abfüllstation. Hier gab es für jeden Typ eine extra
Absackstelle. Alternativ wurde hier auch das Weiterleiten in
den nächsten Mahlgang gelenkt. Denn: Um Mehl zu erhalten,
benötigte es mehrere Passagen. Unter einer Passage versteht man
einen Mahlgang im Mahlstuhl, sowie das darauffolgende Sieben im
Plansichter.
In Mehlsilos wartete das fertige Mehl schließlich auf die
Abholung. Schnecken im Innern der Silos ermöglichten ein
Mischen, damit das Mehl nicht verklebte.
Unter Christian Wiblishauser, zu Zeiten des 2.Weltkrieges, hatte die Mühle eine Leistung von 40 Zentnern in 24 Stunden und einen Wasserantrieb von 12PS. Mit dem Einbau einer Turbine in den 50er Jahren wurde das Inventar fast vollständig erneuert und damit leistunsgfähiger.